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(Gehäuse)Restaurierung einer
frühen italienischen Pendule |
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Die Geschichte eines "eigentlich irreparablen" Gehäuses. |
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Ein Beitrag für die UhrenH@nse von Dr. Benedikt Große Hovest.
Wer kennt das als Sammler nicht: Man findet eine interessante alte Uhr, aber - das Werk oder Gehäuse ist in einem arg ramponierten bzw. undefinierten Zustand. Über Werk-Restaurierungen gibt es immer wieder Veröffentlichungen; über die konservierende, historisch-richtige und bewahrende Restaurierung von Uhrengehäusen - und damit ist nicht die übliche ("polnische") Hochglanz-Schellack-Politur gemeint - weniger.
Benedikt Große Hovest ist leidenschaftlicher Restaurator mit einer großen Bandbreite an Restaurierungserfahrung. Dabei gilt Benedikts Faible - auch weil er sich persönlich für Antike Uhren interessiert - besonders den Gehäusen von Antiken Zeitmessern. Glückwunsch zur gelungenen Restaurierung und herzlichen Dank für den schönen Artikel, Benedikt !!
Fragen und Informationen an/für den Autor Benedikt Große Hovest.
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Das Problemfeld bei der Restaurierung von Uhrengehäusen lässt sich, ähnlich wie bei Mobiliar, zu dem man Uhren ja auch zählen kann, nicht pauschal beantworten. Vom grundsätzlichen Spannungsfeld „Was ist Restaurieren ?“ abgesehen, stellen sich Fragen nach:
Die Schnittstelle Restaurierung/Konservierung ist also von vielen individuellen Aspekten abhängig, die immer nur im Einzelfall ausgelotet werden kann. Wichtiges Argument ist natürlich das Herz der Uhren, das Werk. Ein Gehäuse ohne Uhrwerk hat in aller Regel für sich alleine keinen besonders hohen Stellenwert, ein Uhrwerk ohne Gehäuse ist da schon interessanter, da von ihm die eigentliche Funktion einer Uhr abhängt. Dennoch sind die Gehäuse und ihre Formen, die oft auch funktions- und konstruktionsbedingt aufgebaut sind, historische Dokumente, die manchmal auch versteckte Hinweise auf z.B. frühe Zeitpunkte für die Einfuhr verschiedener Holzarten oder technische oder stilistische Entwicklungen liefern. Als solche sind Gehäuse damit unabdingbar in einem Zusammenhang mit dem Werk zu sehen, so dass sogar eine radikale Bearbeitung dabei sinnvoll sein kann. Status des Objektes vor Restaurierung Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine italienische Pendule mit Italienischem 6Stundenschlag (s. Schlagfolgen von Selbstschlagwerken) und Ribotta (Stunden-Nachschlag = ähnlich wie beim Comtoiser Schlag Wiederholung der vollen Stunde um ca. 2 Minuten nach der jeweiligen Stunde) ) - mit Steuerung über eine Schlossscheibe - des ausgehenden 17ten / anfangenden 18ten Jahrhunderts, vermutlich aus Genua oder Rom. Die äußeren Maße belaufen sich auf ca. 56,5 cm Höhe, 33 cm Breite und 16 cm Tiefe. Das vollständige und gut erhaltene Tages-Uhrwerk mit Spindelhemmung und einem Federhaus für Lauf- und Schlagwerk (mit "Storchenschnabel"-Auslösung) hat ein vergoldetes Messingzifferblatt, getriebene vergoldete Eckappliken, einen versilberten Ziffernring mit ausgeschnittenen römischen Zahlenkranz und darunter befindlichem geschwärztem Hintergrund sowie äußerer arabischer Fünfminutenteilung, Messingzeiger und eine Bronze-Glocke auf dem Gehäusekasten, unter einer abnehmbaren Haube.
Das Gehäuse war dunkelbraun gefasst und mit, wenn auch recht gut gemalten, bäuerlichen Blumen und Rocaillen bemalt. Die Haube schmückte ein Ziertragegriff und an den Ecken Messingaufsätze. Als Füße fungierten kleine, unproportionale Schubladenknöpfe. Die Verglasung der vorderen Tür war neuesten Datums, es fehlte seitlich ein Glas, sowie der innenliegende Verschlusshaken der Tür und zwei Teile der Zapfenbänder. Unter der Fassung waren deutlichst Fraßgänge und Fehlstellen im Korpus zu erkennen, ebenso konnten Leisten der Haube als neue Zutat erkannt werden, die dann auch noch in nicht korrekten Positionen angeleimt worden waren. Die recht neue, ca. 10 Jahre alte Oberflächenfassung passte weder in Farbe noch Form zu der Uhr, lenkte aber ein wenig von dem desolaten Gehäusezustand ab, der offensichtlich weiterem, rapiden Verfall unterlag. Eine tiefgreifende Überarbeitung war damit indiziert. Die ursprüngliche schwarze Fassung sollte wiederhergestellt werden. Nach Abnahme der Bemalung kam ein völlig zerfressener und großflächig gespachtelter Korpus ans Tageslicht. Große Teile des Gehäuses bestanden quasi nur noch aus Mehl und Fraßgängen. Als Grundmaterial für die Uhr war Birnbaumholz verwendet worden, das, deutlich sichtbar, schwarz gefasst worden war. Teile der Haube, vor allem die zurückliegenden Felder zwischen den Eckpfeilern, bestanden aus feinringigem Nadelholz, das erstaunlicherweise weniger stark zerfressen worden war. Die erste Vermutung, dass es sich hier schon um Ersatz der ursprünglichen Teile handele, konnte nicht beibehalten werden. Lediglich Teile der umrahmenden Leisten waren als nicht besonders geschickt angefertigter Ersatz zu erkennen. Die Restaurierung Als erste Maßnahme wurde der Korpus mit einem in der Restaurierung bewährten Harz verfestigt, so das ein weiterer Substanzverlust verhindert werden konnte. Falsch angesetzte Leisten wurden in ihrer Position korrigiert, an Stelle des bei der letzten, höchstens als Renovierung zu bezeichnenden, Überarbeitung verwendeten Kunstharzleimes wurde natürlich wegen der Reversibilität Knochenleim genommen. Die zu groben Profile wurden nachgearbeitet. Die Schubladenknopffüße, in Form, Proportion und Material ungeeignet, wurden entfernt und neue Füße anhand vergleichbarer Vorbilder in angepasster Größe und geeignetem Holz nachgefertigt. Die Substanz der Tür erwies sich im Bereich von zwei Eckverbindungen als nicht mehr stabil genug, um als Tür mit Verglasung zu dienen. Sie mussten verstärkt werden. Die zu den noch vorhandenen zwei Zapfenbändern fehlenden Teile wurden passgenau nachgearbeitet, ebenso der Verschlusshaken. Nach sorgfältiger Glättung der vordem grob gespachtelten Flächen und weiterer Füllung von Fehlstellen durch geeignete Ersatzmassen hatte der Korpus wieder einen Rohzustand erreicht, der nun dem originalen Aufbau entsprechend, schwarz gebeizt werden konnte. Eine danach nötige Nachglättung und anschließend ein Aufbau aus einer, mit den gleichen Mitteln wie für die Beize schwarz eingefärbten, Schellackpolitur sorgte für eine glatte Oberfläche, bei der zwar im Streiflicht ehemalige Oberflächenschäden entdeckt werden können, die sich aber dennoch als Ganzes geschlossen und einheitlich präsentiert. Leichte Durchriebstellen an prominenten Partien erhöhen die „Authentizität“ der Uhr. Schellack als Material des Oberflächenaufbaus wurde, obwohl nicht dem Originalaufbau entsprechend, gewählt, da dadurch eine weitere Festigung der Substanz erzielt werden konnte. Abschließend wurde dann, um den zu harten Glanz des Schellacks zu mildern und um einen weiteren Schutzfilm aufzubauen, ein selbst angesetztes, wiederum schwarz eingefärbtes, Hartwachs aufgebracht. Abschließend konnte die Verglasung mit altem Glas ergänzt werden, die Messingzierteile wurden gereinigt, poliert und mit einem mikrokristallinen Wachs gegen vorschnelles Anlaufen und Fingerabdrücke geschützt. Den krönenden Abschluss bildete das Einsetzen des ebenfalls restaurierten Uhrwerkes. Die „wiedererstandene“ Uhr, Bestandteil einer großen Sammlung früher Zeitmesser, präsentiert sich wieder in einem Zustand, der dem originalen Erscheinungsbild sehr nahe kommen dürfte. Die tiefgreifende Bearbeitung war einerseits wegen des drohenden Verlustes nötig, andererseits aber hat sie aus einem „Mauerblümchen“ undefinierbarer Herkunft und Alters ein wahres Schmuckstück geschaffen. Benedikt Große Hovest | |||||||||||||||
Für weitere Informationen wende Dich bitte an: Benedikt Große Hovest |
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