. . .

 Zeit Zeugen
Sonderausstellung im Mainfränkischen Museum Würzburg
s
©
Frauke van der Wall / Ian D. Fowler  2002


Taschenuhren aus vier Jahrhunderten - aus den Bestände des Mainfränkischen Museums Würzburg
.

Anmerkung:
Die Presseveröffentlichung des Mainfränkischen Museum zur Ausstellung wurde mir freundlicherweise vom Uhren-Restaurator und Mit-Autor, Ian D. Fowler, mit Bildern zur Verfügung gestellt. Diese Publikation vermittelt nicht nur einen guten Eindruck der Ausstellung, sondern zeigt  auch die interessanten Erkenntnisse, die beim Restaurieren bzw. der Katalogisierung der Uhren gewonnen wurden, auf. Ich habe diese Veröffentlichung um einige Bilder aus einer Führung, die Ian gemacht hat, ergänzt, um Euch einen Eindruck von der Ausstellung zu geben.

Fragen und Informationen an/für den Autor Ian D. Fowler.

zu Top
zu Taschenuhren
zu Sammler-Ecke
Home Hanse


Zeit Zeugen  -  Taschenuhren aus vier Jahrhunderten
Sonderausstellung im Mainfränkischen Museum Würzburg

Festung Marienberg, 97082 Würzburg
23.10.2002 - 23.3.2003, täglich außer Montag 10 – 16 Uhr

Bitte Bilder zum Vergrößern anklicken 
Die Bilder sind aufsteigend angeordnet - die Bildbeschreibungen erscheinen bei "mouse over"

Abb. 1: Achteckige Halsuhr, Deutschland, Anfang 17. Jahrhundert, RückplatineDas Mainfränkische Museum Würzburg besitzt neben seinen 1999 in einer Ausstellung gezeigten Großuhren auch 495 Taschenuhren, Taschenuhrwerke und –fragmente sowie Zubehör wie Gehäuse, Brücken, Schlüssel und etwas Werkzeug einer Uhrmacherwerkstatt. In der Sonderausstellung „Zeit zeugen. taschenuhren aus vier Jahrhunderten“ werden große Teile dieses Bestandes erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, denn aus verschiedenen Gründen können die Taschenuhren nicht in der ständigen Ausstellung gezeigt werden. Jedes Objekt wird in einem zur Ausstellung erscheinenden Bestandskatalog in seinem historischen und technischen Kontext wissenschaftlich genau beschrieben, die meisten werden abgebildet, zum Teil auch in Detailaufnahmen von technischen Besonderheiten.

Etwa die Hälfte der  Taschenuhren oder Werke tragen Signaturen und Ortsangaben, ca. 100 stammen aus Deutschland. Darunter sind auch zahlreiche Würzburger und fränkische Signaturen zu Abb. 2: Silberne Anhängeruhr, Nikolaus Rugendas II, Augsburg, 2. Hälfte 17. Jahrhundertfinden. Recherchen in zahlreichen Archiven und Museen haben zu den signierenden Uhrmachern eine Fülle an neuen Erkenntnissen erbracht, die in einem Kapitel mit Kurzbiographien der Uhrmacher vorgestellt werden. Alle Marken, die auf Platinen oder Gehäusen zu finden sind, werden in Listen aufgeführt. Viele dieser Stempel konnten zwar noch nicht aufgelöst und zugeordnet werden, weitere Forschungen können dies jedoch vielleicht in der Zukunft leisten.

pfeil_o.gif (59 Byte)

Die Taschenuhrsammlung des Mainfränkischen Museums stammt vor allem aus der Abb. 3: Oignon, Claude Raillard, Paris, um 1690, RückplatineUhrensammlung des Würzburger Finanzrates Gustav Frischholz und aus den Sammlungen des Fränkischen Kunst- und Altertumsvereins, dessen Konservator August Stöhr seit 1913 auch Leiter des Museums war. Eine größere Anzahl von Taschenuhren und -werken ist in den Jahren 1915-1917 aus dem Vaterlandsdank und der Goldankaufsstelle für das Museum erworben worden, wobei es sich vor allem um Werke handelt, deren wertvolle Gehäuse eingeschmolzen worden sind. Dazu kamen im Lauf der Zeit einzelne Ankäufe und Schenkungen. Der heutige Bestand des Mainfränkischen Museums geht also nicht auf eine kontinuierliche Sammeltätigkeit zurück, sondern ist eher zufällig entstanden. Deshalb kann man anhand dieser Sammlung zwar keinen kompletten Überblick über die Entwicklung der Taschenuhr zeigen, der Bestand weist jedoch Schwerpunkte auf, die ebenfalls eine gründliche Bearbeitung rechtfertigen.

Überwiegend handelt es sich bei Abb. 4: Silberne Taschenuhr mit Scheinpendel, Johann Henner, Würzburg, 1. Viertel 18. Jahrhundertden Taschenuhren des Mainfränkischen Museums um Spindeltaschenuhren (ca. 85% des Bestandes). Die intensive Beschäftigung mit diesen Uhren hat neue Erkenntnisse zu ihrer technischen Entwicklung, Verarbeitung und Verbreitung hervorgebracht, die im Bestandskatalog in einem Aufsatz ausführlich dargelegt werden. Dies dürfte ein weiterführender Beitrag zur internationalen Uhrenforschung sein, in der die einfache Spindeltaschenuhr bislang wenig Beachtung fand, obwohl sie vor allem bis Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Europa am meisten verbreitet war. 

pfeil_o.gif (59 Byte)

So kann zum Beispiel manchmal anhand von in Platinen gestempelten Marken die Herkunft der Rohwerke festgestellt werden. In mehreren Fällen ließ sich die Herkunft der Werke aus der Fabrikation von Fréderic Japy in Beaucourt nachweisen, obwohl die Taschenuhren auf dem Zifferblatt oder auf der Rückplatine Signaturen von z.B. Johann Baptist Eyrich (Würzburg), Jean Romilly (Paris) oder anderen tragen. Dabei handelt es sich also meist um reine Verkäufersignaturen. Oft wurde auch die Finissage in der Schweiz vorgenommen und die Uhr komplett an den signierenden Verkäufer geliefert. So muss nach heutigem Kenntnisstand die Zuweisung von Taschenuhren (vor allem aus dem 19. Jahrhundert) an die signierenden Uhrmacher in den meisten Fällen in Frage gestellt werden.

Abb. 5: Silberne Spindeltaschenuhr mit Viertelstundenrepetition, Johann Henner, Würzburg, um 1720Die Taschenuhren des Mainfränkischen Museums werden in der Ausstellung unter verschiedenen Gesichtspunkten präsentiert, wobei besonderer Wert auch auf die technischen Entwicklungen gelegt wird, soweit sie am Bestand sichtbar sind. Gezeigt wird ein Querschnitt des Bestandes, der von der Zeit um 1600 bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts reicht und Uhren aus Deutschland, Frankreich, England, der Schweiz, den Niederlanden, und Österreich umfasst. Die ältesten Taschenuhren stammen aus der Zeit um 1600 und dem Anfang des 17. Jahrhunderts: darunter befindet sich eine kleine Halsuhr aus dem deutschsprachigen Raum, die ursprünglich mit einem Stackfreed als Federkraftegalisierung und mit einem Stundenschlagwerk ausgestattet war, jedoch nur fragmentarisch erhalten ist (Abb. 1). Die silberne Anhängeruhr von Nicolaus Rugendas II. ist in Augsburg in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden. Sie weist neben der Stunden- eine Datums- und eine Mondphasenanzeige auf und ist am Gehäuse und dem Zifferblatt aufwendig mit gravierten Rankenmustern verziert (Abb. 2). Auch französische Oignons des 17. Jahrhunderts befinden sich in der Sammlung. Darunter eines von Claude Raillard aus Paris, das um 1690 entstanden und mit einer besonders großen und prächtigen Unruhbrücke ausgestattet ist (Abb. 3).

pfeil_o.gif (59 Byte)

Abb. 6: Vergoldete Spindeltaschenuhr, Ferdinand oder Joseph Burckhard, Friedberg, um 1770-80, RückplatineEin größerer Komplex der Taschenuhren stammt aus dem 18. Jahrhundert, darunter befinden sich einige von Würzburger Hofuhrmachern wie Johann Henner, Georg Joseph Rumpelsberger und Johann Baptist Eyrich. Johann Henner (1676-1756) ist mit mehreren Taschenuhren vertreten. Eine silberne Taschenuhr ist mit einem Scheinpendel im Zifferblatt versehen (wie auch bei zeitgenössischen englischen Taschenuhren bekannt). Es ist Teil des Unruhreifs, weshalb die Spindelhemmung hier auf  der Vorderplatine gelagert ist (Abb. 4). 

Eine weitere Taschenuhr Johann Henners hat eine Viertelstundenrepetition und ist in einem prächtigen Doppelgehäuse aus Silber montiert (Abb. 5).

Abb. 7: Spindeltaschenuhr, Frankreich / Schweiz, 19. JahrhundertSchon im 18. Jahrhundert versuchte man, durch besondere Werbemaßnahmen den Absatz der eigenen Produkte zu fördern. Dabei berücksichtigte man, daß besonders Uhren aus England großes Ansehen genossen und auf dem Kontinent teuerer verkauft wurden als einheimische Produkte. So erforderte die Bestimmung des Uhrmachers einer vergoldeten Spindeltaschenuhr mit der Signatur „Drahkrub Löndon“ auf der Rückplatine (Abb. 6). detektivischen Spürsinn: Es handelt sich um die Signatur des Friedberger Uhrmachers Ferdinand (1712-73) oder Joseph (1727-80) Burckhard, der seinen Nachnamen als Anagramm (d.h. rückwärts gelesen) mit dem Ortsnamen London aufwertete. Besonders Uhrmacher aus Friedberg bei Augsburg scheinen sich dieser Methode bedient zu haben (z.B. auch „Rensseg“ für Gessner, ebenfalls in der Sammlung des Mainfränkischen Museums).

pfeil_o.gif (59 Byte)

Abb. 8: Silberne Spindeltaschenuhr mit Viertelstundenrepetition und Datumsanzeige, François l’hardy, Frankreich / Schweiz, um 1820-30, Stempel auf der VorderplatineDie meisten im Mainfränkischen Museum vorhandenen Taschenuhren stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Eine ganze Reihe dieser Uhren aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts trägt auf einer der Platinen die Marke „P“, die sicher von einer der Bearbeitungswerkstätten gestempelt wurde. Leider konnte diese Werkstatt noch nicht bestimmt werden, ebenso wenig wie die Marke „SEIDELE“ (Abb. 7), die an zwei Uhren Abb. 9: Goldene Spindeltaschenuhr mit umlaufender Schlange, Frankreich / Schweiz, um 1800auftaucht. Die Herkunft einiger Rohwerke aus der Fabrikation von Fréderic Japy läßt sich jedoch durch den Stempel „JAPY“ nachweisen, z.B. bei einer silbernen Spindeltaschenuhr mit Viertelrepetition und Datumsanzeige von François l‘hardy (Abb. 8). 

Einige Taschenuhren haben schön bemalte Emailzifferblätter. Darunter ist eine goldene Spindeltaschenuhr mit der Darstellung einer Paradieslandschaft und Adam und Eva im Sekundenzifferblatt sowie umlaufender Schlange als Sekundenzeiger, die in Frankreich oder der Schweiz um 1800 entstanden ist (Abb. 9). Besonders aufwendig ist eine goldene Spindeltaschenuhr mit Viertelstundenrepetition, Jaquemarts und erotischem Automaten gestaltet (Abb. 10).  Diese Art Taschenuhren waren zu allen Zeiten sehr beliebt und sind ganz ähnlich in vielen Sammlungen erhalten. Vermutlich war die Nachfrage so groß, dass sie in Kleinserien produziert und die Einzelteile Abb. 10: Goldene Spindeltaschenuhr mit Viertelstundenrepetition, Jaquemarts und erotischem Automaten, Frankreich / Schweiz, um 1820versatzstückartig eingesetzt wurden. Auffallend ist, dass diese Uhren so gut wie nie signiert sind; vielleicht fürchteten die Uhrmacher um ihren guten Ruf und ihre breiten Käuferschichten.

pfeil_o.gif (59 Byte)

Neben Spindeltaschenuhren befinden sich auch einige Zylinder-, Anker- und Duplextaschenuhren im Bestand des Mainfränkischen Museums. Besonders reich sind die chinesischen Duplextaschenuhren  graviert, die von Bovet aus Fleurier um 1830-50 für den chinesischen Markt produziert wurden (Abb. 11).

Abb. 11: Taschenuhr mit chinesischer Duplexhemmung, Edouard Bovet, Fleurier, um 1820-50Abgerundet wird die Ausstellung durch die Präsentation eines Werktisches des Erfurter Uhrmachers Wackernagel sowie  verschiedener Werkzeuge des 18. und 19. Jahrhunderts, um einen Eindruck von den Arbeitsweisen und –bedingungen der Uhrmacher jener Zeit zu vermitteln. Diese Objekte erhält das Mainfränkische Museum als Leihgaben aus Privatbesitz und aus den Depotsammlungen anderer Museen, sie sind also ebenfalls nur in dieser Ausstellung zu sehen. Des Weiteren soll den Produktions- und Vertriebswegen von Taschenuhren und -teilen nachgegangen werden, den Beziehungen zwischen deutschen / fränkischen und englischen, schweizerischen und französischen Spindeltaschenuhren.  

pfeil_o.gif (59 Byte)

Abbildungsunterschriften (die Bilder sind aufsteigend in den Text eingeliedert):

  • Abb. 1: Achteckige Halsuhr, Deutschland, Anfang 17. Jahrhundert, Rückplatine

  • Abb. 2: Silberne Anhängeruhr, Nikolaus Rugendas II, Augsburg, 2. Hälfte 17. Jahrhundert

  • Abb. 3: Oignon, Claude Raillard, Paris, um 1690, Rückplatine

  • Abb. 4: Silberne Taschenuhr mit Scheinpendel, Johann Henner, Würzburg, 1. Viertel 18. Jahrhundert

  • Abb. 5: Silberne Spindeltaschenuhr mit Viertelstundenrepetition, Johann Henner, Würzburg, um 1720

  • Abb. 6: Vergoldete Spindeltaschenuhr, Ferdinand oder Joseph Burckhard, Friedberg, um 1770-80, Rückplatine

  • Abb. 7: Spindeltaschenuhr, Frankreich / Schweiz, 19. Jahrhundert

  • Abb. 8: Silberne Spindeltaschenuhr mit Viertelstundenrepetition und Datumsanzeige, François l’hardy, Frankreich / Schweiz, um 1820-30, Stempel auf der Vorderplatine

  • Abb. 9: Goldene Spindeltaschenuhr mit umlaufender Schlange, Frankreich / Schweiz, um 1800

  • Abb. 10: Goldene Spindeltaschenuhr mit Viertelstundenrepetition, Jaquemarts und erotischem Automaten, Frankreich / Schweiz, um 1820

  • Abb. 11: Taschenuhr mit chinesischer Duplexhemmung, Edouard Bovet, Fleurier, um 1820-50

pfeil_o.gif (59 Byte)

Katalog

Taschenuhren aus vier Jahrhunderten aus den Sammlungen des Mainfränkischen Museums Würzburg, bearbeitet von Ian D. Fowler und Frauke van der Wall, Sammlungskatalog Bd. XVI, ca. 300 Abbildungen, davon 16 farbig; ISBN  3-932461-20-7, Würzburg 2002 (Erscheinungsdatum: Ende Oktober), ca. EUR 17.-. 

Weitere Details zu den Bestandskatalogen und zur Ausstellung findest Du hier.

pfeil_o.gif (59 Byte)


Einige Impressionen aus einer Führung durch die Ausstellung  
(leider sind die Bilder aufgrund des Blitz-Verbotes nicht so sehr "qualitätsvoll"):

Bitte Bilder zum Vergößern anklicken

Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken
Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken
Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken
Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken
Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken
Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken Zum Vergrössern bitte anklicken

pfeil_o.gif (59 Byte)


Für weitere Informationen wende Dich bitte an : Ian D. Fowler


zu Top
zu Taschenuhren
zu Sammler-Ecke
Home Hanse