. | . | . |
Uhrwerkteile entrosten © Franz Hilffert 2002 |
|
Entrosten von Uhrenteilen - Erfahrungen aus der Restaurierung von ca. 1.500 Uhren |
. |
||
|
||
Anmerkung: Ein Beitrag für die UhrenH@nse von Franz Hilffert. Franz hat in 16 Jahren ca. 1.500 Uhren restauriert und gibt hier seine umfangreichen Erfahrungen bei der Entrostung von Uhrenteilen selbstlos weiter. Herzlichen Dank, Franz !! Weitere Informationen siehe Artikel aus Uhren/Schmuck/ Juwelen 8/97 über Korrosion. Fragen und Informationen an/für den Autor Franz Hilffert. |
| ||||||||||||
Galvanische Entrostung ohne Anlegen einer elektrischen Spannung Ich verwende dieses Verfahren zum Entrosten langer Eisenteile, z.B. Faltpendel v. Comtoise - Uhren oder besonders langen Platinenstegen z.B. von Comtoisen. Hierzu habe ich eine lange Plastikwanne, eine alte Abdeckhaube einer Hifi- Kompaktanlage, in die ich Zinkblech einer alten Dachrinne – vom Schrottplatz - lege. Für Werkgehäuse von Comtoisen habe ich natürlich einen höheren Plastikbehälter, z.B. eine Fußbadewanne. Bei Werkgehäusen lege ich auch oben noch Zinkblech auf. Das Zinkblech muss flach sein. Darauf werden die zu entrostenden Teile gelegt. Separat in Wasser aufgelöstes Granulat der Natronlauge (etwa 20 %) gieße ich darüber, bis die Teile bedeckt sind. Bald bilden sich kleine Bläschen. Das zeigt, dass der Vorgang beginnt. Je nach Grad der Verrostung kann man den galvanischen Vorgang ungefährdet für das Material laufen lassen. 5 bis 24 Std. haben bei mir immer ausgereicht. Grundsätzliches und Nachbehandlung s. unten Das Zinkblech zersetzt sich bei mehrfachem oder längerem Gebrauch. Es sollte auch nach dem jeweiligen Gebrauch gut in Wasser gespült werden. Die Natronlauge ist ebenfalls mehrfach verwendbar. Elektrolytische Entrostung unter Verwendung einer Gleichstromquelle Je nach Größe der zu entrostenden Teile verwendet man eine Glas- oder Kunststoffwanne. Ich benutze ein nahtlos gegossenes Kunststoffaquarium aus einem Kaufhaus. Kosten etwa € 13,--. Nach der Größe der Teile und der zu entrostenden Masse richtet sich auch die Stromstärke. Ich bin bisher beim Entrosten von Großuhrteilen, bis zu englischen Standuhren, mit einer Gleichspannung von 12 Volt und einem Stromfluss von 0,5 bis 1 Ampère ausgekommen. Die in der Literatur empfohlene Regel: pro Quadratdezimeter zu entrostender Fläche 1,5 A, ist viel zu hoch. Ausgelegt habe ich die Anlage bis zu 3 A. An der einen Schmalseite des Beckens wird innen ein Nirostablech, an einer Kante umgebogen, so dass es über den Wannenrand gehängt werden kann, angebracht. Es sollte möglichst die halbe Seite der Wanne einnehmen. Hieran wird mit einer Schraube oder einer Krokodilklemme der Pluspol (Annode) gelegt.
Als Kathode (Minuspol) verwende ich ein Bandeisen, etwa 20 x 6 mm, das so gebogen ist, dass es wie das Annodenblech über den Wannenrand der gegenüberliegenden Längsseite gehängt werden kann. Unten habe ich das Bandeisen etwa in einer Länge von 10 cm um 90 Grad parallel zum Boden des Beckens gebogen, dass es etwa 10 mm über dem Boden liegt. Diesen Teil habe ich mit unterschiedlichen Bohrungen versehen, in die ich verrostete Schrauben stecken kann. Am oberen Ende befindet sich die Klemmschraube für den Kabelanschluss. Auf das rechtwinklige Eisenstück lege ich (mit Gummihandschuhen !) die zu entrostenden Teile. Ich kann auch eine kleine Blechwanne (2 x 5 cm) ansetzen, in die ich kleine Teile lege. Stark verrostete Teile müssen an der Kontaktstelle etwas angeschliffen werden. Rost verhindert den Kontakt. Der dicke Rost wird während des Entrostungsvorganges abgesprengt. Leichter Rost schlägt sich in einer grauschwarzen Schicht auf dem Eisen nieder. Achtung: Bitte starke Kabelquerschnitte verwenden. Empfehlung 1,5 Quadrat. Wenig Stromfluss über längere Zeit, (bis zu 24 Std.) ist einem Schnellverfahren unter hohem Stromfluss immer vorzuziehen. Besonders, wenn es sich um mit Messing verbundene Eisenteile handelt, sollte man möglichst kurze Zeit mit geringer Stromstärke arbeiten. Bei geringem Oberflächenrost reichen bei 8 V / 0,8 A und 3-4 Std. völlig aus. Bei zu starkem Stromfluss und zu langer Zeitdauer können aus dem Messing Zink und / oder Kupfer herausgelöst werden. Falls es doch einmal passiert: Bei unpolierten Teilen kann die Oberfläche leicht mit der feinsten Stahlwolle in Ordnung gebracht werden. Bei polierten Teilen muss man dann neu polieren. Es entsteht Wasserstoffgas! Gut belüften und offenes Feuer fernhalten, sonst gibt es eine Explosion und die Natronlauge fliegt einem um die Ohren.
Als Stromquelle habe ich lange Jahre ein Akkuladegerät mit 12 V/10 A verwendet, das im Kfz-Zubehörhandel für etwa € 10,00 bis 15,00 zu erhalten ist. Es sollte ein eingebautes Ampéremeter haben. Als Widerstände zum Variieren des Stromflusses schaltete ich in Reihe und / oder parallel ausgediente Scheinwerferbirnen, auch Biluxbirnen 12 Volt aus dem PKW, die ich in eine selbstgebaute Schalttafel nach Bedarf einsetzte. Seit einigen Jahren verwende ich einen stabilisierten Gleichrichter, der mir den Vorteil einer feineren Strom- und Spannungsregulierung bietet. Einen Erfolgsunterschied zu dem früher von mir praktizierten Verfahren (Akkuladegerät) gibt es nicht. Es ist nach meinen Erfahrungen kein Gleichrichter mit stabilisiertem Gleichstrom erforderlich, um gute Ergebnisse zu erzielen. Wichtig ist nur, dass eine Reguliermöglichkeit geschaffen wird!! Inzwischen habe ich nach dieser Methode Eisenteile von etwa 600 Großuhrwerken entrostet. Bei fälligem Ölservice nach etwa 5 Jahren konnte ich bei keinem der Werke irgendwelche Veränderungen an den Eisenteilen feststellen. Sie sahen genauso gut aus wie am Tage der Entrostung. Der Vorzug dieses Verfahrens ist es, dass der Rost porentief aus dem Eisen herausgeholt wird. Neuem Rost ist kein Ansatzpunkt gegeben. Als Elektrolyt füllte ich früher 10 %ige Natronlauge in die Wanne, wie es in der Literatur von Herrn Jendritzki angegeben wurde. Ich habe mir später angewöhnt, dem Wasser in der Wanne nur soviel Natronlauge zuzusetzen, dass das Ampèremeter einen Stromfluss anzeigt. Dadurch habe ich die Konzentration auf etwa 1 % reduzieren können. Teile nach der Entrostung gut wässern und dann durch Bad in etwa 10 %iger Essigsäure neutralisieren. Etwa 15 min reichen aus. Danach gut in Wasser spülen. Zur Sicherheit kann man mit pH Indikatorpapier (Universalindikator pH 1-10 von Merck, in der Apotheke erhältlich) überprüfen, ob die Oberfläche neutral ist. Zum Schluss mit Isopropylalkohol entwässern (baden), vorsichtig und gut belüften, sehr giftig !! Dann mit Infrarotlampe oder Föhn trocknen, mit weicher Drahtbürste oder feiner Stahlwolle, 3x0 oder 4x0 den grauschwarzen Belag von den Eisenteilen abreiben. Es empfiehlt sich das Abreiben mit einem in Ballistol getränkten Lappen oder eine Versiegelung mit 15 % Paraloid in Toluol gelöst. Grundsätzliches aus meinen Erfahrungen In Verbindungsstellen zwischen Eisen und Messing kann sich bei zu hoher Konzentration der Natronlauge (10 %) trotz guter Spülung halten. Sie blüht dann später weiß aus. In derartigen Fällen empfiehlt sich ein Ultraschallbad in der Essigsäure von 20 %. Nach Verminderung der Laugenkonzentration von 10 auf 1 % habe ich diese Erscheinung nie mehr gehabt. Vorsicht
bei Werkteilen aus Zink: Wenn
die zu entrostenden Teile stark verfettet sind: Weitere
Anregungen:
Was ein echter Restaurator ablehnt Sandstrahlen, Glasperlenstrahlen, Sandpapier, oder das mechanische Bürsten mit Drahtbürsten. Siehe auch die Anmerkungen des Uhrenrestaurators Ian D. Fowler in seinem Skript Restaurieren von Bergisch-Westfälischen Standuhrwerken. Die alten Germanen haben ihre Blankwaffen mit Hühnermist bestrichen, um sie gegen Rost zu schützen - mit Erfolg. Man sollte den Kirchenverwaltungen empfehlen, statt der Tauben die sog. TUHÜ`s (Turmhühner), eine brasilianische Kleinhuhnrasse einzusetzen, die für das Leben in großen Höhen gezüchtet wurden. Der Mist dieser Tiere vor Ort am Objekt verhindert den Zerfall alter Turmuhren und Glocken. Der Autor des Berichtes, Dr.Hummel (DGC), leider inzwischen verstorben, war bereit, eine Bezugsquelle zu nennen. (Der Artikel erschien nicht am 1.April) cor/20.12.1991 Clocks Nr. 3/1994 bringt auf Seite 39 ff. einen Artikel über galvanische Entrostung. Danach kann man auch mit einer schwächeren Lösung aus Natronlauge gute Ergebnisse erzielen. (siehe oben) Auch die Zinkelektrolyse wird beschrieben.
| ||||||||||||
Für weitere Informationen wende Dich bitte an: Franz Hilffert |
|
zu Top zu Reparatur, Ölen ... zu Sammler-Ecke Home Hanse |