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Uhrmacher im 19. Jahrhundert in Jever 1
© Heinz-Günter Vosgerau 2001


Uhrmacher im 19. Jahrhundert in Jever
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Inhaltsübersicht
Anmerkung:
Dieser Artikel von Heinz-Günter Vosgerau wurde im Oldenburger Jahrbuch 1998  Bd. 98 
(Herausgeber: Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde e.V.) veröffentlicht und ist auch als Sonderdruck erschienen.  Fragen und Informationen an/für den Autor Heinz-Günter Vosgerau.

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Einleitung
[1] = Fußnoten

In Jever, der alten Residenzstadt im Norden, waren seit langer Zeit Uhrmacher ansässig. Die ältesten erhaltenen Hinweise auf Uhren in Jever wie Rechnungen und andere Archivalien befinden sich im Niedersächsischen Staatsarchiv in Oldenburg und beziehen sich, wie in Oldenburg selber, auf die Stadtuhr, eine öffentliche Uhr also. Es handelt sich um die Ausgaben für die Unterhaltung  der Turmuhr durch die Kirchenjuraten. Diese Kosten vergütete die Stadt wiederum der Kirche.

Die älteste Rechnung [1] stammt aus dem Jahre 1614 und ist nur bruchstückhaft erhalten. Sie bietet den ältesten  Hinweis auf eine öffentliche Uhr in unserem Raum. Turmuhren verbreiteten sich  in  Deutschland seit dem 14. Jahrhundert. Stade besaß bereits 1377, Osnabrück 1383 Zeitmesser für die Allgemeinheit. Sie breiteten sich vom Mittelmeer in nördlicher Richtung aus. Nicht die Zeiger waren wichtig, sondern die Signale und Schläge der Glocken. Im Jahre 1627 stellt Meinhard Kleinschmidt eine Rechnung aus, in der bescheinigt wird, dass ein Geselle die Weiser in Gang gebracht. Gegeben anderthalb Thaler. Doch bereits am 7. September 1627  heißt es: Tönnies Uhrmacher vor die Uhr Klocke zu renovieren und etwas an der Uhr zu verbessern gegeben  1 Dahler 8 Sch.  

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Uhren und Uhrmacher in Jever
[1] = Fußnoten

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Die Nachnamen lassen häufig die  Berufe der Handwerker erkennen. Auch der erste  Uhrmacher in Oldenburg , der sich in den Archivalien findet, heißt Heinrich Uhrmacher. Abb. 1:  Eine Standuhr von Adam Bach (1749 - 1810).  (Foto I. Fleßner) - Bild zum Vergrößern bitte anklicken

Ein etwas rätselhaftes Dokument aus Jever soll nicht unerwähnt bleiben [2].  Es ist ein Fragment und trägt die Jahreszahl 1630, die von unbekannter Hand später eingefügt wurde. Dabei handelt es sich um eine  "Gebrauchsanweisung" für eine kunstvolle Uhr. Diese besaß nach  der Beschreibung  einen " Viertel- und Stundenweiser ", Mondanzeige, Planetendarstellungen,  Kalendarium, Viertelschlagwerk  und Stundenschlagwerk. Stutzig macht, dass eine Unruhe erwähnt wird. Sollte es sich um eine tragbare Uhr gehandelt haben,  so wäre sie durch die vielen zusätzlichen Anzeigen kaum in der Lage gewesen, richtig zu gehen. Spielereien dieser Art waren eigentlich im 18. Jahrhundert in Mode. C.W. Forstmann warnt in seinem Buch von 1779  [3] eindringlich vor Uhren dieser Art, wenn man sie als Zeitmesser benutzen wollte. War es aber eine Großuhr, dann muss es sich um eine Kunstuhr gehandelt haben.

Im Jahre 1752 wurde der Nachlass des Uhrmachers Evers verkauft. Aus den noch vorhandenen Listen wird erkennbar, was in einer Werkstatt vorhanden war [4]. Eine große Anzahl von Uhrrädern legt den Schluss nahe, dass schon teilweise in Serie gearbeitet wurde. Als Käufer tritt unter anderem auch ein Uhrmacher Martens auf., der nicht in Jever ansässig ist.

Der Wert von Uhren lässt sich an den erzielten Preisen auf freiwilligen Versteigerungen ablesen: So brachte eine Taschenuhr im Jahre 1780 8 Thaler, eine andere über 10 Thaler. Eine goldene Taschenuhr wechselte für 20 Thaler den Besitzer. 

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Um 1800 wird in der Öffentlichkeit über die Differenzen der Stadtuhr geklagt. In Oldenburg waren die gleichen Klagen zu hören, was ein Licht auf die Unzuverlässigkeit der vorhandenen Turmuhren und die gestiegenen Ansprüche an ihre Genauigkeit wirft. Am 1. September 1800 übernimmt Uhrmacher Adam Bach das Aufziehen der Uhr.

Der in Jever ansässige Uhrmacher Adam Bach preist seine Waren in einem Inserat am 12. März 1798 an und gibt uns dadurch Kenntnis von dem Angebot eines Fachmannes:

Ich habe itzt wieder folgende diverse goldene und silberne Taschenuhren erhalten, als englische, französische zwey und drey gehäusigte, mit Schildpatt überzogen auch mit laquierten Gehäusen, die Stunden, Minuten und Secunden, nebst Wochentag und Datum anzeigen. Ein Dutzend verschiedene Tafeluhren in schwarzen Gehäusen, die 30 bis 32 Stunden gehen, eine dito, welche 8 Tage gehet und die Stunden repetieren können. Schöne Marseiller Tafeluhren von schöner Mosaikarbeit die 8 Tage gehen, voll und viertel schlagen. Eine schöne Schweizer Pendüle in Gold mit imitierten Blumen, laquierten Gehäuse mit Faß, die 8 Tage geht, voll, viertel und doppelten Schlag schlägt und ein ganz apartes Repetierschlagwerk hat. Noch eine Mahegoniy-Holz Uhr mit vergoldeten Figuren, die auch 8 Tage geht, um halb einen Schlag schlägt und die Stunden repetiert. Alles saubere schöne Arbeit mit emaille Zifferblatt und vergoldeten Zeiger. Liebhaber werden sich gefälligst bei mir einfinden, ich verspreche billige Preise, auch dafür, das selbige gut gehen, ein Jahr lang einzustehen.                       
                                                                                                                   Jever   Adam Bach  Uhrmacher

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Abb. 2:  Das sorgfältig gearbeitete Zifferblatt zein die Zeit, Datum und Mondphasen an. (Foto I. Fleßner) - Bild zum Vergrößern bitte anklickenBach fertigte selber Standuhren an, von denen noch drei bekannt sind [5]. Anscheinend war diese Tatsache so selbstverständlich, daß eine Erwähnung in der Anzeige unnötig war (Abb.1). Bach wurde 1749 geboren und heiratete 1778 Magdalene Hemken. Er starb 1810 [6]. Im Historienkalender von 1970 widmet Karl Jürgens dem Uhrmacher einen Aufsatz und stellt ihn auch als Schöpfer der Gehäuse dar. Das ist sicher nicht der Fall gewesen. Die Uhrmacher stellten die Uhrwerke her, die Gehäuse fertigten Tischler. Nur erfahrene Tischler konnten so hochwertige Arbeit liefern, wie sie unter den Uhrgehäusen oft zu finden ist. Ferner hätte sich die Tischlerzunft wohl nicht von den Uhrmachern ins "Handwerk pfuschen lassen". Die im Kalender abgebildete Uhr zeigte neben der Uhrzeit Sekunden, Datum, Monat und Mondphasen an (Abb.2, 3 und 4). Der Bürgermeister von Jever, Georg Heinrich Bernhard Jürgens (1771 - 1846) besaß eine Standuhr von Meister Bach.

In der Ausgabe der "Wöchentl. Anzeigen und Nachrichten von Jever" vom 19. März 1798 wurde der Text noch einmal wiederholt, was üblich war. Dann finden sich in den Ausgaben der nächsten 18 Monate keine Anzeigen von Uhrmachern. Der Kaufmann Martin Onnen in Asel bietet im Juni frisische und englische Schlaguhren an. Die Englischen sind in zierlichen braunen Kasten mit vergoldeten Knöpfen, davon einige mit den Lauf des Mondes und dem Datum, andere die Fischerey und einige nur gehende Mühle mit doppelter Fischerey am Zifferblatt vorstellen.

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Die zahlreichen Anzeigen, in denen das Zwangsversteigerungsgut der Vergantungen aufgezählt wird, weisen nur höchst selten Uhren auf. Meistens handelt es sich um ehemals wohlhabendere Besitzer wie einen  vermutlich ehemals reichen Bauern in Sengwarden, bei dem Abb. 3:  Unter dem Zifferblatt wird der Mechanismus für die Einstellung der Mondphasen und die Anzahl der Glockenschläge sichtbar. (Foto I. Fleßner) - Bild zum Vergrößern bitte anklickeneine Wanduhr und Taschenuhr versteigert wurden, in der zweiten Pastorey eine gute friesische Schlaguhr, oder bei Pastor Reuter eine englisch Schlaguhr, die 32 Stunden gehet. Von Joh. Heeren Looschen wurden am 11.6.1798  "Im schwarzen Bären" mehrere Wand- und Standuhren versteigert. Anlässlich der Vergantung für den verstorbenen Schutzjuden Moses Leefmann wurden u.a. zwei Wanduhren, eine goldene und eine silberne Taschenuhr angeboten. Auch der Hauptmann von Querenheim hinterließ u.a. eine Standuhr und eine schöne englische Taschenuhr.

Bei den vielen Versteigerungen des Jahres 1798, die ihre Ursache meistens in den Konkursen der ehemaligen Besitzer haben, kommen nur fünf Standuhren, neune Schlaguhren (Wanduhren), wovon drei ausdrücklich als friesisch bezeichnet werden, und zehn Taschenuhren unter den Hammer. Von den letzteren haben drei Stück ein Goldgehäuse.

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Der jeversche Uhrmacher Behntsen pflegte enge Geschäftsbeziehungen zu dem Goldschmied  Altona in Groningen, der ihm Uhrenbestandteile und Werkzeuge lieferte. Eine Rechnung aus  dem Jahre 1812 listete Artikel auf, die Behntsen in der Zeit von 1808 bis 1812 bezogen hat. Darunter waren u.a. englische Zeiger und französische Federn aufgeführt,  ein Hinweis darauf, daß viele  bereits Teile fertig bezogen wurden. Altona stammte vermutlich aus Jever, denn der Name war unter den Goldschmieden in Jever sehr verbreitet. Schon  im Mai 1800 zieht der Goldschmidt Gabriel Altona zum Altenmarkt, was er in der Presse bekannt gibt. In einer "Liste der Wähler und Wählbaren zum Stadtrat" aus dem Jahre 1845 [7] sind H. Altona, Goldarbeiter  O.H. Altona, Goldarbeiter und  U. Altona, Goldarbeiter Wwe. aufgeführt. Aber auch die Uhrmacher Fölkers, Schwarzenbach und Staschen fehlen nicht.

Die Uhrmacher waren nicht nur untereinander Konkurrenten, sondern  auch Schiffer importierten Waren aller Art aus England und den Niederlanden. Den Verkauf tätigten sie oft selber. Davon kündet eine Anzeige vom  29. Februar 1798 in der Presse [8].  Der Schiffer Boolke Hergens hat aus Amsterdam  die verschiedensten Sachen mitgebracht und bietet sie zum Verkauf an, zum Beispiel Schreibcomoden, Glaßschränke oder Buttelleyen, Stühle, verschiedene Eisenbalance, Halterketten, Wanduhren, englische Fayance und Porzellain, rothe Butter u.s.w.  Auch ansässige Händler verkauften neben allerlei Gemischtwaren Uhren. Davon zeugt eine Anzeige vom 12. Februar 1798:  Ich habe eine  Parthey brabander rund und aufgestutzte Huthe nach der neuesten Mode erhalten wie auch Tafeluhren ganz neu von Facon und einige Figuren und Vasen von Wegwoud erhalten.

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Fußnoten:

[1]Niedersächsisches in Oldenburg (künftig StAO)  Best.264-4 Nr. 10158.

[2]StAO  Best. 264  - 4 Nr. 4652.

[3]Chr. Wilh. Forstmanns ausführlicher Unterricht von zeigenden und schlagenden Taschenuhren zur Käntniß  und Ausbesserung   aller vorkommenden Arten derselben.

[4]Heinz - Günter Vosgerau ...rund um die Uhr. Die Kunst des Uhrmachers  zwischen Weser uns Ems (Materialien & Studien zur Alltagsgeschichte und Volkskultur Niedersachsens  Heft 26 und 27)

[5]Freundliche Mitteilung von Uhrmachermeister Ihno Fleßner, Rastede.

[6] Wie Anm. 5.

[7]Jeverländische Nachrichten 1845.

[8]Jeverische wöchentliche Anzeigen und Nachrichten  Landesbibliothek Oldenburg GE IX A 508.

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Für weitere Informationen wende Dich bitte an : Heinz-Günter Vosgerau, Restaurator/Uhrmachermeister

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