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Ein Uhrmacher erinnert sich |
Lustiges und Besinnliches aus früheren Zeiten - einige Anekdoten |
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Eine kleine Geschichte aus dem Jahr
1941 Ich begann beim
Hofuhrmacher von Fürst Thurn & Taxis in Regenburg meine Lehre. Mein
älterer Bruder war bereits in der Lehre beim Turmuhrmacher Rauscher,
abends um 19 Uhr Feierabend, da holte ich meinem Bruder bei Rauscher ab.
Wir marschierten gemeinsam 5 km nach Hause, so gegen 20 Uhr waren wir zu
Hause und bekamen unser Essen. Tagsüber hatten wir nur ein Stückchen
Brot, früh um sechs marschierten wir bereits wieder, denn um 7 Uhr
wollten die älteren Gehilfen im Winter eine warme Werkstatt.
Einmal wollte ich wie üblich meinen Bruder abholen. Er
kam aber lange nicht aus der Werkstatt, es stellte sich heraus, dass er
einen Bohrer abgebrochen hatte. Diesen musste er nun nach seiner
Arbeitszeit wieder anfertigen, so kamen wir erst um 21 Uhr nach Hause.
Zur Turmuhr - um die gleiche Zeit ...
In Regensburg gab es an Stadttoren und Kirchen sehr alte
Turmuhren, welche immer am Sonntag aufgezogen wurden. Abwechselnd kam
immer ein anderer Uhrmacher daran dies zu tun. Mein jüngerer Bruder
lernte ebenfalls Uhrmacher und so kamen wir beide auch dazu Turmuhren
aufzuziehen.
Bei der Polizei gab es auch eine mit sehr
schweren Gewichten. Wir hatten schon eine Weile gekurbelt, als es auf
einmal schwer ging. Ich sagte meinen Bruder, er solle auch mal fest
drücken, was er auch tat. Aber in diesem Moment krachte es als wolle das
Haus einstürzen. Ein Seil war gerissen und das Gewicht sauste auf die
Decke der Polizei.
Bis die merkten was eigentlich los war,
sind wir schon abgehauen. Den Schaden hatte der Meister zu tragen und
wir bekamen am Montag schon in aller Frühe unsere Ohrfeigen. Lehrjahre sind keine Herrenjahre Lehrjahre - sie waren nicht einfach. Um 1/2 6 aufstehen und um sechs flott marschieren, damit man um sieben Uhr in der Werkstatt war, sonst setzte es Ohrfeigen und das war Winter wie Sommer gleich, für die Straßenbahn reichte das Geld nicht. Mein Wochenlohn war 50 Pfennig und eine Ohrfeige - und das für 6 Tage harte Arbeit. Am Sonntag in der Frühe mussten dann noch ab und zu die Turmuhren aufgezogen werden (s. vor). Freizeit war also meist nur der Sonntag Nachmittag. Urlaub gab's keinen; einmal fragte ich den Meister, ob ich drei Tage Urlaub haben könnte,. Da fragte er mich, ob ich vielleicht verrückt geworden wäre, geht 8 Jahre in die Schule, hatte jedes Jahr Ferien und jetzt möchte der Kerl Urlaub. Wenn ich drei Tage herein arbeiten würde, könnte ich frei bekommen. Die Tage habe ich dann abgestottert, bin also anstatt abends um sieben erst um acht Uhr aus der Werkstatt, aber ich brauchte ja noch eine Stunde bis ich nach Hause kam, das kann man heute kaum glauben aber es war so. Ich wollte drei Tage mit meinem
Freund in die Berge fahren ... Menschen: "Pierre und Aimie" Was ich nie vergessen werde, sind die Menschen, welchen ich meine uhrmacherischen Grundlagen zu verdanken habe. Beim Hofuhrmacher des Fürsten Thurn & Taxis waren damals zwei kriegsgefangene Franzosen "Pierre und Aimie" beschäftigt. Beide wurden morgens gebracht und um 17 Uhr wieder abgeholt. Das Essen holte ich immer mittags für Beide in der Gaststätte "Zum roten Hahn", welche ganz in der Nähe war. Es gab das gleiche Essen, das der Firmeninhaber in der Gaststätte hatte. Das Essen war gut, denn ich bekam von Beiden des Öfteren was ab. Ich selbst hatte für den Tag nur ein Stück Brot, bekam erst abends zu Hause wieder etwas. Was ich besonders hervorheben möchte ist, dass ich von den Beiden viel gelernt habe. Beide waren gute Uhrmacher. Auch war noch ein Ungar Herr Amerca in der Werkstatt. Diese drei Herren und mein Vater legten den Grundstein für einen "verrückten Uhrmacher". In der Werkstatt wurde viel über den Krieg diskutiert, wir waren uns damals schon einig, wenn Frankreich und Deutschland richtigen Frieden miteinander hätten, gäbe es in Europa keinen Krieg mehr. Mit diesen Gedanken im Kopf musste ich dann kurzfristig 1943 zum Arbeitsdienst einrücken. Da war ich gerade 17 Jahre alt und meine Lehre noch nicht beendet ... Meine Vorliebe für Frankreich ist bis heute ungebrochen und ich verbringe mit meiner Frau unseren Urlaub öfters in Frankreich. Wenn ich überlege, waren wir in der Werkstatt schon damals richtige Europäer. Leider konnte ich nach meiner amerikanischen Gefangenschaft die beiden Franzosen nicht mehr ausfindig machen, weil ich deren Familiennamen nicht kannte und mein Lehrmeister von den Amerikanern interniert war. Kleiner Spaß mit ernstem Hintergrund ... Es war schon um sechs Abends, der Meister bekam meistens um diese Zeit von der Geschäftsführerin sechs Eier. Als diese noch nicht gekocht waren, sagte der Ungar, ich solle mal die Eier holen, wir machen einen kleinen Spaß, er würde mir was zeigen, einen Trick. In die rohen Eier bohrte er ganz kleine Löcher, dann nahm er ein Roßhaar und drehte dieses ganz langsam in das rohe Ei. Er sagte mir, beim Kochen geht das kleine Loch wieder zu und das Haar bleibt darinnen, so machten wir es mit allen Eiern. Als die Eier gekocht waren, ging die Geschäftsführerin nach Hause. Ich hätte auch gehen können, wollte aber die Reaktion vom Meister mitbekommen und blieb noch in der Werkstatt. Nach einer weile hörten wir ihn fluchen, was denn hier los sei, so was gibt es doch nicht, ein Haar im Ei könne doch kein Mensch fressen. Ich ging dann ins Büro und fragte, was los sei, ich wäre doch heute ganz friedlich gewesen, dann meint er, dass hätte wohl nichts mit mir zu tun. Aber wie kommt ein Roßhaar in ein Ei ? Ich sagte ihm, dass die Henne wohl eins verschluckt hätte, aber er meinte, dass der Bauer von welchen er diese Eier habe, keine Pferde hätte - und ich dachte, aha - der war wieder Hamstern. Als er dann aber aus jedem Ei ein Roßhaar zog, glaubte er nicht mehr ans Verschlucken. Wenn er nicht wüsste, dass man in ein Ei kein Haar von außen hinein tun könne, würde er sonst glauben, ich sei es gewesen. Dann fragte er mich, ob ich die Eier essen möchte, er würde sie nicht essen, wer weiß was da noch alles darinnen sei. Der Ungar und ich haben dann die Eier gegessen, Hunger hatte wir ja immer. Schließlich war Krieg. Ein Schlüsselerlebnis Im Sommer 1942 musste ich für ein kleines viereckiges goldenes Gehäuse beim Uhrengroßhändler Krippner ein Glas holen. Als ich bei Krippner ankam und das Gehäuse aus der Hosentasche holen wollte, war keines mehr da. Durch ein Loch in der Hosentasche hatte ich das Gehäuse verloren. Sehr erschrocken dachte ich: Was nun ? So bin ich den gleichen Weg ganz langsam wieder zurück gegangen, mit dem Blick immer auf der Straße nach dem Gehäuse suchend. Tatsächlich fand ich es, aber es war platt, ein Auto war darüber gefahren. Jesses dachte ich, das setzt was, da gehst lieber gleich nach Hause, die Prügel kannst morgen auch noch abholen und vielleicht kann Vater helfen. Vater sagte mir, er werde das Gehäuse richten, aber zur Strafe müsste ich bei ihm sitzen bleiben bis die Arbeit erledigt sei. Mit der Spiritusflamme und Blasrohr lötete Vater - die ganze Nacht. Heute kann ich sagen, dass dies die erste Nacht meines Lebens war, in welcher ich kein Bett gesehen habe. Als Vater fertig war, sah man dem Gehäuse nichts mehr von dem Unfall an. War ich froh, dass dies so gut gelang und war sehr stolz auf meinem Vater. Er selber fuhr ohne Schlaf mit seinem Motorrad zur Arbeit, er musste noch früher als ich los ... Werkstatt und Laden putzen ..... Als Lehrling musste ich auch die Werkstatt und den Laden putzen. Als ich mit dem Laden fast fertig war, meinte der Meister, dass er noch nie gesehen hätte, dass hinter und unter der Standuhr sauber gemacht wurde. Diese Standuhr war immerhin zwei Meter hoch und schwer. Ich selber hatte nicht mal 50 Kg, so zog ich sie langsam herum vor den Ladentisch, welcher aus Glas war, und stellte sie davor. Als ich mich umdrehte, um den Platz sauber zu machen, krachte es hinter mir fürchterlich. Die Uhr - nur auf drei Füßen stehend (!) - war umgekippt, direkt in das Glaspult, dieses krachte zusammen. Glas, Uhren und Schmuck war nur noch ein Haufen. Käsebleich und voller Wut stand der Meister in der Tür vom Büro zum Laden und wollte sich auf mich stürzen, aber ich rannte schnell aus dem Laden, sprang auf die Straßenbahn und weg war ich. An dieser Stelle vor dem Laden konnte die Straßenbahn nur langsam fahren, da es ziemlich eng zu ging und gleich eine Haltestelle kam. Zu Hause erzählte ich meine Geschichte dem Vater. Er fragte mich, warum die Standuhr umgefallen sei, die stünde doch auf vier Füßen. Da viel mir erst ein, dass ja ein Fuß fehlte und sie auf einem Brikett stand,. Da lachte der Vater und sagte, dass ich diesmal wirklich unschuldig sei, ich wusste ja nichts von dem Brikett, als ich die Standuhr vor das Glaspult stellte. Vater ging am nächsten Tag zum Meister und klärte die Sache auf. Es stellt sich heraus, dass der ältere Lehrling, welcher in der Zwischenzeit schon im Krieg war, das Brikett unterlegte. Der Meister sagte, vorher hatte die Standuhr jedenfalls immer vier Füße. Wird fortgesetzt ... :-)) |
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zu Schmunzeln/Besinnliches
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