Kurz-Geschichte der Zeitmessung
DGC  Prof. Mühe
Zeit für jedermann/Time for Everyone


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Zum Schmunzeln/Besinnliches
Zusammengestellt und von Jürgen Ermert

Ein Uhrmacher erinnert sich
Alfred Leiter

Eine Welt für sich
Hans Jendritzki

An meine Taschenuhr
Christian Morgenstern

Zum Thema ‘Uhr’
G.C. Lichtenberg (1742 - 1799)

Ich wünsche dir Zeit
Elli Michler

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Hier möchte ich Dinge zum Schmunzeln, Besinnliches und auch Gedichte zu Uhren einstellen.

Wenn Du Ergänzungen hast, sind diese hochwillkommen.

 

 

 

 

 

 

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"Knacks! Wieder glücklich einmal durchgezwängt", brummte das Stundenrad. "Als ob sich das Wechselradstrieb nicht ein wenig dünne machen könnte!" Und der Stundenzeiger machte, halb im Schlaf, einen kleinen Luftsprung. Er duckte sich aber schnellstens wieder; denn über sich gewahrte er jetzt den Minutenzeiger, mit dem er zwar in Feindschaft lebte, vor dem er aber immer noch ziemlich Respekt hatte. Einmal nämlich war sehr zum Verdrusse der ganzen Uhr, der Stundenzeiger zu keck geworden und hatte sich vor den Minutenzeiger gestellt, um zu probieren, wer der Herr sei. Da war er jedoch schlecht angekommen; denn dieser nahm ihn ohne langes Besinnen bei seinen energischen Schritten mit, bis dem armen Stundenzeiger fast die Luft ausging und er sich in höchster Angst durch einen Sprung aus der Umklammerung rettete. "Guten Abend" sagte er kleinlaut zu seinem einstigen Gegner. "Guten Abend, lieber Freund", erwiderte herablassend höflich dieser. "Wünsche wohl geruht zu haben. Gib nur acht, daß Du nicht in meine Höhenlage kommst. Du weißt, daß ich darin keinen Spaß verstehe!"

"Ja, ja, schon gut." Dem anderen war es sichtlich unangenehm, an diesen schwachen Moment erinnert zu werden. Der Minutenzeiger dachte aber gar nicht daran, sich mit ihm länger einzulassen, sondern setzte seinen Weg in den genau abgemessenen Schritten von 0,0062 mm Größe fort. Er mußte immer gut achtgeben; denn wenn er nicht zur gleichen Zeit wie sein kleiner Kollege, der Sekundenzeiger, auf "voll" ankam, und sein Herr es zufällig merkte, gab es natürlich Gemurre. Jetzt zur Nachtzeit war es ja nicht so wichtig, aber als gewissenhafter Beamter nahm er es immer genau. -

In der Geisterstunde jetzt - von zwölf bis eins - erwachten die Teile der Uhr. "Ruck-ruck" dehnte sich wohlig die Zugfeder im Federhause: "Guten Abend, miteinander", richtete sie das Wort gnädig an die anderen.

Sie fühlte sich immer ein wenig als Beherrscherin des Ganzen; sie sagte sich nicht mit Unrecht: von mir sind alle abhängig. Wenn ich nicht mehr will, können alle einpacken. Aber augenblicklich fühlte sie sich noch recht wohl. Das Nachrutschen ihrer Umgänge befreite wieder etwas mehr die in ihr aufgespeicherte Energie, trieb das Räderwerk frischer an und die Unruh gab eine kleine Vergrößerung ihrer Schwingungsweite als Antwort. Es sah ja nicht sehr ästhetisch aus, wie sie mit ihrem verbogenen Reifen durch das Leben schaukelte, aber dafür konnte sie ja nichts, und sie machte sich auch keine Gewissensbisse darüber.

"So ist's recht, immer mit ein wenig Schneid; dann geht's gleich besser", gab sie ihrer Zufriedenheit Ausdruck. "Weshalb ist es denn nicht immer so! Kollege Zugfeder kann sich ruhig einmal ausdauernd anstrengen, nicht immer so ruckweise. Nach dem Aufziehen geht's doch. Wenn ich auch für jede Umdrehung einen halben Tag zur Verfügung hätte, würde ich meine Kraft bestimmt einteilen. Aber so, in jeder Sekunde fünf Schwingungen; wie kann man da bei ungleicher Kraft immer so genau schwingen, das ist doch ein Unding."

"Da bist du doch aber auch selbst mit schuld," sagte der Anker, "ich hab dir doch schon öfter gesagt, du sollst regelmäßig - oder wie der Uhrmacher sagt, mit gleichem Abfall zu mir kommen. Statt dessen geht es immer: Tick - tacktick - tacktick! Meinst du, wir machen das so unregelmäßig?`

"Nun hör aber auf, du mit deiner Maulwurfs-Perspektive kannst natürlich nicht wissen, daß daran die Spirale schuld ist; sie hat sich einmal etwas verdreht und ist so geblieben." "Das sieht man freilich schon von weitem, daß sie verdreht und verbogen genug ist", bemerkte hämisch das Minutenrad, dem die Streiterei Spaß machte. Es sollte sich aber arg in die Nesseln gesetzt haben, denn die Spirale blieb ihm nicht die Antwort schuldig:

"Ob ich verbogen bin oder nicht, kann dir ja gleich bleiben. Ich habe aber Platz genug. Du weißt natürlich nicht, was wirkliche Bildung ist und rempelst überall an! Mit dem Sperrad kannst du dich nicht vertragen, das Kleinbodenrad kannst du nicht in Ruhe lassen, hin und wieder mußt du das Federhaus ankratzen und wenn ich nicht dauernd ausweichen würde, hättest du mit mir auch schon Händel angefangen. Aber der Klügere gibt nach!"

"Hahaha!" lachte die Zugfeder, "das war deutlich! Ich hätte der zarten und schüchternen Spirale gar nicht soviel Mut zugetraut!" Sie konnte sich gar nicht beruhigen, immer wieder hörte man das vergnügte Rucksen und Rutschen ihrer Umgänge.

Das Minutenrad hüllte sich in beleidigtes Schweigen. Die Anschuldigungen waren berechtigt, aber zugeben - nein, das ging nicht. Rache mußte sein! Es überlegte:

Wenn die Unruh so weit ausschwingt, daß die Spirale ganz in meine Nähe kommt, kann ich sie fangen und zerreißen. Aber allein kann ich das nicht. Also muß ich die Zugfeder erst wütend machen. Dann kriegt die Unruh auch was ab, die mich damals so geärgert hat. Was kann ich dafür, daß die anderen Räder so zierliche Füße haben und ich so plumpe Zapfen. Wartet nur! Und er wandte sich an die Zugfeder

"Nun, liebe Zugfeder, ich würde an deiner Stelle nicht so laut reden! Du hast ja noch nicht einmal soviel Pflichtgefühl, um nach erst 14 Stunden noch genügend Kraft abzugeben. Schau einmal die Unruh an! Man glaubt, jeden Moment wird sie einschlafen!"

Der Hieb saß. Energisch zog sich die Zugfeder zusammen: "Ich hätte keine Kraft mehr, um die Uhr zu treiben? Euch werde ich schon zeigen, was es heißt, die treibende Kraft einer Uhr zu ärgern! Ihr sollt euch schon wundern!" So redete sie sich immer mehr in Zorn und preßte sich an die Wandung des Federhauses und zog und zog. - Das Minutenrad half, denn ihm lag ja am meisten daran. Die andern Räder gingen wortlos ihres Weges.

"Klick-klack" schlugen die Ankerradszähne auf die Paletten. Immer energischer wurde der Impuls, den der Anker auf die Unruh übertragen konnte. Es machte Spaß, eine Uhr im Vollgefühl der Kräfte zu sein.

Sausend durchschnitten die Unruhschrauben die Luft, Ihnen war auch recht wohl zumute. Ein Umgang Schwingungsweite, jetzt einundeinviertel, jetzt eineinhalb - so war es gut!

"Nicht mehr stärker drücken!" rief die Unruh, Jetzt ist's gut!" -- Niemand hörte es. Wohl aber hörten alle das Rucksen im Federhaus. Aber das klang gar nicht gut, trotzig und feindlich war es. - Immer stärker wurde die Kraft.

"Tiek-tack-tick-tack." Bei so energischem Gang fiel der ungleiche Abfall gar nicht mehr auf.

"Tick-tack-ticketack-ticketack."

"Jetzt prellt die Unruh schon!" ganz entsetzt piepste es der Anker. Harte Schläge, noch dazu einseitig, bekam er von der Unruh. Schweigend vor Erregung hörten es die andern. Alles wartete auf die Katastrophe, die kommen mußte.

Würde die Gabel brechen? Die Unruhzapfen zu schwach sein? "Ticketack-ticke-tacke-ticke-tacke" immer heftiger wurden die Schläge; der Anker war schon halb betäubt, nur mechanisch machte er seine Bewegungen noch. Auch der Unruh war ein solches Tempo unheimlich: "Nicht so schnell, nicht so stark." Als Antwort hörte sie nur ihr eigenes "ticke tacke" im Gehäuse hallen. "Ich kann nicht mehr", ächzte die Ellipse unter den Schlägen; sie neigte sich beim Anschlag von links nach rechts, von rechts nach links. Jetzt senkte sie sich schon - noch ein wenig - und noch etwas- - "Knack" machte es, und totenstill wurde es mit einem Male.

Beim Aufprall auf die Gabel war die Ellipse herausgefallen. Leise piepsend sauste die Unruh leer umher. Rasch nahm ihre Schwingungsweite ab bald bewegte sie sich nur noch ganz langsam - und jetzt stand sie ganz still.

- Ein Uhr nachts. -

© Michael Stern/Info-Uhren.de

 

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An meine Taschenuhr

Du schlimme Uhr, du gehst mir viel zu schnell;und doch - dich schauend,
sah ich selber hell.Unschuldig Räderwerk, was schalt ich dich?

Ich geh zu langsam, ach zu langsam – ich!

 

Christian Morgenstern

 

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Zum Thema ‘Uhr’:

Eine Uhr, die ihrem Besitzer immer
um viertel zuruft: "Du....",
um halb "Du bist....",
um dreiviertel "Du bist ein....",
und wenn es voll schlägt:
"Du bist ein Mensch".

G.C. Lichtenberg (1742 - 1799)

 

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Ich wünsche dir Zeit

Ich wünsche dir nicht alle möglichen Gaben.
Ich wünsche dir nur, was die meisten nicht haben:
Ich wünsche dir Zeit, dich zu freun und zu lachen,
und wenn du sie nützt, kannst du etwas draus machen.

Ich wünsche dir Zeit für dein Tun und dein Denken,
nicht nur für dich selbst, sondern auch zum Verschenken.
Ich wünsche dir Zeit – nicht zum Hasten und Rennen,
sondern die Zeit zum Zufriedenseinkönnen.

Ich wünsche dir Zeit – nicht nur so zum Vertreiben.
Ich wünsche, sie möge dir übrig bleiben
als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertraun,
anstatt nach der Zeit auf der Uhr nur zu schaun.

Ich wünsche dir Zeit, nach den  Sternen zu greifen,
und Zeit, um zu wachsen, das heißt, um zu reifen.
Ich wünsche dir Zeit, neu zu hoffen, zu lieben.
Es hat keinen Sinn, diese Zeit zu verschieben.

Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden,
jeden Tag, jede Stunde als Glück zu empfinden.
Ich wünsche dir Zeit, auch um Schuld zu vergeben.
Ich wünsche dir: Zeit zu haben zum Leben ! 

Elli Michler

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Barbara Michler - aus:
Dir zugedacht, © Don Bosco Verlag, München 2004

 

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