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Standuhren aus dem 19. Jh. im Zuchthaus von Vechta 3 |
Die Vechtaer Strafanstalt als Produktionsort und Hort bedeutender historischer Standuhren |
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Anmerkung: Diese Artikel von Heinz-Günter Vosgerau wurden im Jahrbuch für das Oldenburger Münsterland 1998 veröffentlicht und sind auch als Sonderdruck erschienen. Fragen und Informationen an/für den Autor Heinz-Günter Vosgerau.
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Eine große
Standuhr aus der Justizvollzugsanstalt Vechta Bilder zum Vergrößern bitte anklicken
Zu datieren ist sie in das 1. Drittel des 19. Jahrhunderts. Das Gehäuse besitzt eine Höhe von 305 Zentimetern und eine Breite von 57 Zentimetern. Das Metallzifferblatt ist entsprechend groß zeigt ein kleines Gemälde. Die Bogen der Zifferblätter diente schon immer dem Schmuck der Uhr. Die hiesigen Uhrmacher versahen sie in der Regel mit vergoldeten Zinnornamenten, die eine gravierte Platte mit Datum oder Herstellernamen umschlossen.
Uhrmacher Kaewer ging nun eine Mittelweg, in dem er ein kleines Landschaftsgemälde anbringen ließ, dass wohl der Phantasie des Malers entsprungen ist. Der Name des Uhrmacher steht in ansehnlicher Größe auf dem Zifferblatt: E.A. Kaewer Oldenburg. So wie das Gehäuse mit seiner Größe den üblichen Rahmen
sprengt, so ist auch das Werk von ungewöhnlichen
Ausmaßen. Es hat eine Breite von 21,5 Zentimetern und eine Höhe von 24 cm. Das Diese Uhr hat vermutlich wie alle Hausuhren in früheren Zeiten eine zentrale Rolle gespielt. Das wird deutlich durch ihre einsame Stellung im Inventar des Hauses. Im Jahre 1841 fertigte die Verwaltung des Zuchthauses ein Inventarverzeichnis an, das wirklich jeden Gegenstand des Gebäudes aufführte. Selbst unbrauchbare Gegenstände wurden gewissenhaft aufgenommen 1). Aber nur eine Hausuhr findet sich in diesem vielseitigen Inventar. Sie stand im "Correktionshaus" im Corridor und wurde zusammen aufgeführt mit: 1 Bank, 1 beschädigte Glaslampe und 1 bewegliches Rohr bei der Lampe (von Kupfer). Wären mehrere Uhren vorhanden gewesen, hätte sie diese sorgfältige Inventur ausgewiesen. Die Hausuhr lieferte die "Normalmalzeit" für das ganze Haus. Hausuhren dienten allen Bewohnern eines Hauses, vor allem auf den größeren Höfen und in den Handwerksbetrieben. Sie standen, um ihren Zweck zu erfüllen auf dem Flur und waren im ganzen Haus hörbar. Die beachtliche Länge der Gehäuse ermöglichte eine größere Fallhöhe der Gewichte und damit die längere Laufzeit der Uhr bis zum nächsten Aufzug. Damit erklärt sich die Größe der Standuhren des 19. Jahrhunderts. Der Uhrmacher August Kaewer bittet im Jahre 1803 um die Zulassung als selbständiger Uhrmacher in Oldenburg auf dem äußeren Damm oder in Osternburg.. Er war bis dahin Gehilfe bei dem Uhrmacher Herm. Carl Kroninger und stammt aus Marienburg (Ostpreußen). In seinem Gesuch gibt er an, dass sein Schwiegervater, Dierk Wandscher, der eine Gastwirtschaft am Äußeren Damm betreibt, eine Kaution stellen will. Aber Uhrmacher Kroninger erhebt Einspruch und der Antrag wird abgelehnt. Es wird ihm gestattet, sich noch bis Michaelis (29. September) von Uhrmacherarbeiten zu ernähren, bis er eine Existenz auf dem Lande gefunden hat. Andernfalls werde er in Brüche genommen und seine Werkzeuge zugunsten der Armen konfisziert. Aus diesem Bescheid geht hervor, dass man versuchte, die niederlassungswilligen Uhrmacher, die jetzt vermehrt auftreten, auf das Land abzudrängen. 1807 stellt Kaewer einen neuen Antrag. Er lautet:
Er wohnte immer noch am Damm und bekommt im Juni 1808 endlich seine Zulassung, nachdem Uhrmacher von Breton gestorben war 2) .Ein amtliche Verfasser schätzt die Lage der Uhrmacherei in Oldenburg in einem den Antrag befürwortenden Schreiben wie folgt ein:
Der erwähnte Hermann Karl Kroninger, bei dem Kaewer zuletzt als Geselle tätig war, ist von 1786 bis 1803 in verschiedenen Archivalien über Uhrmacher zu finden. Er heiratete 1786 vermutlich zum 2. Mal und begutachtete z. B. 1804 mit von Breton die Uhr im Heiliggeist-Turm. Seine Tochter heiratete 1799 den Oldenburger Uhrmacher Pierre Marchand, der aus Hanau stammte und eine hervorragende Stellung unter den Uhrmachern in Oldenburg hatte. Seine Witwe starb im August 1838 3) Bereits 1814 hat August Kaewer ein Haus an der Achternstraße in der Näher der Ritterstraße erworben. Nach dem Tode seines Schwiegervaters Dierk Wandscher bietet er dessen Immobilien am Damm zum Verkauf an und erregt damit den öffentlichen Widerspruch der Verwandtschaft. Am 8. Dezember 1825 wirbt Kaewer in den Oldenb. wöchentl. Anzeigen für sein Geschäft:
An der Redewendung "selbstverfertigte Tafel- und Hausuhren" wird erkennbar, daß Kaewer ein Großuhrmacher war, der mit Kleinuhren handelte, die Großuhren jedoch selber anfertigte. Hier liegt sein Betätigungsfeld mit denen seiner Kollegen gleich, denn bisher konnten Kleinuhrmacher kaum ausgemacht werden. Die mächtige englische Uhrenindustrie verhinderte vermutlich, dass sich hiesige Uhrmacher mit der Anfertigung von Kleinuhren auf dem Markt behaupten konnten.
1827 bietet der reisende Optikus J. Mosenauer im Hause Kaewers seine Waren an, was er in Anzeigen bekannt macht. Auch in weiteren Jahren findet man seine Ankündigungen in der Zeitung. Es gab vermutlich noch keinen ansässigen Optiker in Oldenburg. Sie mieteten sich zu Marktzeiten in der Stadt ein und verkauften dort ihre Erzeugnisse. Im gleichen Jahr zieht der Kunstmaler Willms bei Kaewer ein. Das Haus verkaufte er 1830 an den Zinngießer Joh. Chr. Pape. Sein Sohn August Dietrich Christian war ebenfalls Uhrmacher. Er heiratete im August 1835 Ernestine Friederike Geist 4), die eheliche Tochter des Hautboisten 5) Carl Friedr. Geist. Kaewer jr. machte sich ebenfalls als Uhrmacher und Mechaniker in der Achternstraße in Oldenburg selbständig. Ein Ratsbeschluss aus dem Jahre 1838 beauftragt ihn, eine neue Uhr für den Schütting zu bauen. Im Landesadressbuch von 1839 werden beide, Vater und Sohn, als Uhrmacher genannt, wohnhaft in der Achternstraße. Am 18.09.1846 begutachtet Kaewer (vermutlich sen.) mit Pierre Marchand zusammen das Meisterstück von Hinr. Lübben, der sich in Jever niederlassen wollte. Das Urteil: Sehr mangelhaft! Die Standuhr in der Justizvollzugsanstalt ist im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts entstanden und bisher das einzige Werkstück dieses in Oldenburg einmal sehr bekannten Uhrmachers, das noch erhalten ist. Auf welche Weise sie in die Justizvollzugsanstalt gelangte, ist bisher nicht bekannt, doch dürfte es sich wohl um eine Auftragsarbeit handeln. Die Justizverwaltung hatte ihren Sitz in Oldenburg und so liegt es nahe, das der Auftrag für eine Uhr in Oldenburg vergeben wurde. Heinz-Günter Vosgerau
Fußnoten:
Für weitere Informationen wende Dich bitte an : Heinz-Günter Vosgerau, Restaurator/Uhrmachermeister |
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